Tagebuch, 31.12.2016

Der Versuch eines Jahresrückblickes.

2016 war ein recht normales Jahr. Mein Job blieb und bleibt mein Job, der Alltag ist Alltag, in meinem Alter ändert sich da nicht viel. Alles, was dicht um mich herum ist, verändert sich nicht mehr all zu viel. Das klingt öde, ist so aber gar nicht gemeint. Jedes Jahr was anderes war früher mal, Kontinuität ist auch ein Segen, nicht nur ein Fluch!

Fußball
Seit diesem Sommer habe ich kein Sky mehr, was zur Folge hat, dass ich so gut wie kein Profifußball sehen konnte. Wenn ich dann mal reingeschaut habe, dann habe ich oft Fußball gesehen, der zerstören und Tore verhindern wollte. Das ist völlig legitim, da jeder Club in der jeweiligen Liga bleiben MUSS da sonst das finanzielle Konstrukt komplett zusammen bricht. Die paar Ausnahmen (Freiburg vielleicht, jetzt wird es schon schwer) sind dann aber auch in der Regel nicht in den Top 7 zu finden. Die langfristige Entwicklung einer Mannschaft ist entweder mit externem Geld (Leipzig, Berlin) oder mit guter Arbeit und der Bereitschaft es wirklich langsam anzugehen (Köln, Gladbach) möglich. Der Rest hat genug Geld und kann es sich dadurch leisten einen Spielstil zu entwickeln. Schön anzusehen ist der Fußball damit in der Regel nicht. Und wenn man es nicht mit einer Mannschaft hält (der Besten ist es egal, wie der Effzeh spielt, Hauptsache er gewinnt), dann kann man sich Darmstadt gegen Ingolstadt einfach nicht anschauen. Wirklich nicht.
Damit meine ich nicht, dass früher alles besser war (glaubt mir, ich habe HSV gegen Bayer Uerdingen spielen sehen, ich weiß was schlechter Fußball ist) sondern einfach, dass der Profifußball einfach nicht mehr meines ist. Es ist so laut, so viel TamTam um unwichtige Spiele, zu viel Geld drin. Daher ist es eben nicht mehr meins. Für andere passt es immer noch, ich merke aber, dass um mich herum sich immer mehr Fans davon entfernen. Es werden aber andere nachkommen, was völlig normal ist. Was meint ihr, wie die alten Kutten über mich gedacht haben, als ich plötzlich regelmässig ins Stadion gegangen bin. Und ein romantisches Zurück gibt es nicht, will aber ehrlich auch keiner.

Mein Fußball findet in diversen Ligen unter dem Profifußball statt. Beim HFC Falke.
Ich habe dieses Jahr einen Meisterschaft und einen Aufstieg gefeiert, die erste Niederlage verdauen müssen, aber vor allem habe ich einen Verein gefunden, in dem ich mich einbringen kann. Ich habe kein Amt angenommen, weil ich dafür einfach zu wenig Zeit habe, aber ich habe an vielen Heimspieltagen mitgeholfen, angepackt. Ich habe meine Meinung zu diversen Themen geäußert und bin dafür nicht angefeindet oder ausgegrenzt worden, auch wenn sie nicht den Mainstream traf. Das war schön.

Falke hat mir neben vielen tollen Menschen und Momenten vor allem eines gebracht: Ich fiebere wieder bei einem Fußballspiel mit. Ich zittere bei einer knappen Führung, hoffe bei einem knappen Rückstand und glaube tatsächlich daran, das die Truppe gegen einen Oberligisten bestehen kann.

Das fühlt sich richtig richtig gut an!
(Und hier noch mal: Der Fußball ist nicht schöner, besser als in den Profiligen. Im Gegenteil. Aber ich bin emeotional verbunden. Das einzige was für mich beim Fußball zählt).

Gelesen
Nichts. Wirklich nicht. Es ist traurig, ich kann mich nicht mal daran erinnern, welches Buch ich als letztes gelesen habe. Was mit Vampirzombies und es hat mir gefallen. Irgendwann habe ich aber eine falsche Abbiegung genommen und nicht zurück zu Büchern gefunden. Ich lese auch keine Zeitschriften oder Zeitungen. Irgendwie steht da nichts drin, was mich fesselt. Vielleicht sollte ich mal langsam anfangen und Sonntags die Zeit lesen. Mal wieder einen Spiegel kaufen. Die Süddeutsche habe ich früher gerne gelesen.
Wichtig ist mir aber, dass mir keine Meinung, sondern Fakten transportiert werden. Das ist gerade auch in 2016 verloren gegangen. Postfaktisch als Wort des Jahres passt irgend dazu.

Gehört habe ich viel. Podcasts über die Bundesliga, über Baseball, über so allgemeines und vieles mehr. Ich wurde dadurch sehr gut unterhalten, meine tägliche Strecke zur Arbeit wird so gut überbrückt und ich bin so gut wie lange nicht informiert über zum Beispiel die Bundesliga.

Aber mehr lesen sollte ich. Die Beste hat ein Transparent Abo abgeschlossen. Ich werde da immer mal wieder reinlesen, obwohl ich den 50+1 Artikel nicht überzeugend fand. Warum? Führt zu weit. Ich würde gerne mal eine Diskussion über die Vor- und Nachteile von 50+1 sowie die Ausgliederung im Fußball führen. Das ist aber auf sachlicher Ebene nicht möglich. Habe ich damals schmerzhaft zu spüren bekommen.

So, wie bin ich bei diesem Umweg gelandet? Achja, Fußball. Ist mit mir so einfach auch nicht möglich, der naive Blick ist mir verloren gegangen. Tut mir leid, einfach nicht ansprechen ;-)

Politik
Puh. AfD.
Damals, vor langer langer Zeit, sagte mir mein Vater mal, dass die Demokratie mit einer rechten Partei (es war die DVU meine ich. Oder die Republikaner?) umgehen können muss, dass es eben dazu gehört und sich sowieso politisch erledigen wird, wenn es in das Tagesgeschäft geht. Und so war es auch. Die DVU ist genauso verschwunden wie auch die Republikaner. So ging es damals mit der STATT Partei, mit Schill, etc. pp. Solche Protestparteien gab es schon immer, als Hamburger weiß ich das.
Nur woher kommen die Stimmen der AfD? So kontinuierlich?
Ich habe keine Ahnung, habe aber das Gefühl, dass es auch was mit mir zu tun hat. Wo habe ich diese Leute verloren? Wenn Fakten nicht zählen, wenn nur noch in der eigenen Filterblase ein Meinungsecho verstärkt wird. Auf allen Seiten. Die eine Seite glaubt der anderen nicht. Es wird nicht diskutiert, sondern seine Meinung in den Raum geworfen.

Ich habe Schuld mit meinem gut bezahltem Job, einer tollen Wohnung und einer Umgebung, in der ich selber keine Angst vor der Zukunft haben muß. Ich habe Schuld, weil ich nicht auf die Leute zu gehen und versuche die Ängste und Probleme der Menschen zu verstehen. Ich sitze in meinem Elfenbeinturm des Überflusses. Ich tue nichts um die Toleranz, die mir im Elternhaus beigebracht wurde, weiter zu geben, den Menschen zu erklären, dass ihre Ängste real sind, aber niemals ein Flüchtling, ein Homosexueller oder gar „der Jude“ daran Schuld ist. Ich engagiere mich nicht mehr in einer Partei (bin zum Jahresanfang bei der SPD ausgetreten) um meine Vorstellung von Menschlichkeit auch dorthin zu tragen, wo das eine Nebensache ist. Was also tun? Ich glaube belehren ist das schlechteste. Verstehen wäre was. Es ist aber super schwer.

Eine Grenze gilt es aber nicht zu überschreiten: Fremdenfeindlichkeit, Antizionismus, Sexismus, all dies ist keine Grundlage für irgendwas. Soweit will ich dann nicht verstehen. Danach gibt es aber viel Spielraum.

Nach Brexit und Trump bin ich sehr gespannt, wohin sich das alles entwickeln wird. Angst habe ich nicht. Ängstlich bin ich schon. Was passiert, wenn Sexismus (grab her by the pussy) noch mehr salonfähig bleibt und wird? Was ist, wenn Nationalismus wieder Oberhand gewinnt, wenn Xenophobie die antreibende Kraft ist? Stehe ich dann eventuell von meinem gemütlichem Sofa auf und tue was dagegen? Ich weiß es nicht.

Und wie erkläre ich das alles der Juniorette?

Privat
2016 war alles in allem ein tolles Jahr. Die Beste ist zu mir nach Hamburg gezogen, sie hat Ja gesagt. Was will ich mehr?
Die Juniorette entwickelt sich prächtig, ist gesund und neugierig.

In der Familie ist niemand gestorben, nur älter geworden. Scheißarschlochkrebs hat kein Opfer gefordert, auch wenn der Kampf sehr hart war bzw. ist.

Im Urlaub war ich aufgrund des Umzuges dieses Jahr nicht. Schade, ich wollte eigentlich jedes Jahr ein neues Baseballstadion besuchen. Aber das macht nichts, ich wohne mit der Besten zusammen. Ehrlich, klingt kitschig, aber mehr brauche ich nicht.

Mein eigenes Seelenleben war so weit in Ordnung. Meiner Meinung nach hatte ich keinen starken Anfall von Depressionen. Sie lauert aber, ist hinterhältig und vor allem tarnt sie sich gut. Irgendwann, irgendwann, muss ich wohl mal wieder zu einem Profi um rauszufinden, wie ich die dunklen Gedanken weg bekomme.
Körperlich habe ich keinen Schritt nach vorne gemacht. Meine Lunge pfeift, als ob ich noch rauchen würde (24 Jahre Zigaretten hinterlassen eine Spur, keine Frage), mein Rücken ist komplett hin. Sonst ist aber alles gut soweit. Mehr bewegen hätte ich mich können, da muss ich noch was machen. Wenn ich mich so zurück erinnere, dann habe ich vielleicht 5 Mal an eine Zigarette gedacht, bin 2016 aber rauchfrei geblieben. Darauf bin ich tatsächlich sehr stolz.

Mit dem HFC Falke habe ich nicht nur eine fussballerische, sondern auch eine emotionale Heimat gefunden. Die Menschen, die ich dort immer wieder treffe, wissen gar nicht, wie viel sie mir bedeuten.

Zusammgefasst sind die guten Erinnerungen mehr und zahlreicher, als die schlechten. Ich habe so viele tolle Menschen jeden Tag um mich herum, was will ich mehr? Ich habe eine tolle Familie, eine bezaubernde Tochter, eine Verlobte, die mich liebt so wie ich bin, ein Dach über dem Kopf und viele tolle Freunde.

Danke euch! Ihr tut mir sehr gut und ich hoffe ich kann euch das immer genug zeigen.

Danke 2016. Es gab viel zu viel schlechtes, aber das Gute, die Liebe, überwiegt. So wie immer.

In diesem Sinne.

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One Response to “Tagebuch, 31.12.2016”

  1. Lilo sagt:

    Ich hab dich lieb so wie du bist. Mama