This is the end…

…beautiful friend
This is the end, my only friend, the end

Abtretung_Dauerkarte

Am Samstag nachmittag war es so weit. Ich habe den Antrag auf Abtretung meiner Dauerkarte aus gefüllt. Dieser Schritt hatte sich angekündigt, war mir schon lange klar, daß ich in der Arena nichts mehr zu suchen habe. Zur neuen Saison sollte die Dauerkarte in gute Hände übergeben werden. Was ich aber nicht wußte, die Vorbereitung dazu kann man jetzt schon machen. Also habe ich den Antrag ausgefüllt. Nicht per sofort, der Schnitt wäre mir zu stark gewesen, obwohl ich nicht mehr in die Arena gehe.

Auch wenn es nur eine Unterschrift auf einem Wisch Papier ist, es geht etwas zu Ende. Jahrelang war der Gang ins Stadion wichtig für mich. Nach einem Heimspiel konnte ich es kaum erwarten, wieder hin zu gehen. Meine gesamte Freizeitplanung drehte sich trotz Tochter um diese Stadionbesuche. Vor zwei Jahren fing ich an sogar Auswärts zu fahren.

Dies ist hier keine 34er Geschichte, ich war leider nie ein Allesfahrer. Auch International war ich viel zu selten dabei. (für die jüngeren Leser: Ja, der HSV hat mal International gespielt!)

Ich bin kein Ultra, hatte sogar mal ein Disput mit der CFHH, aber in den letzten Jahren fing ich an, Choreos mit zu basteln und aufzubauen. Das war mein kleiner Weg den Verein zu unterstützen.

Aktiv war ich im Verein auch nie. Bis auf die Mitgliederversammlungen habe ich mich nicht ehrenamtlich engagiert. Ich war mal beim Eishockey, hab mir U23 und U19 Spiele angeguckt.

Der Verein war emotional sehr viel für mich.

Doch nach der Mitgliederversammlung am 25.05.2014 ist viel in mir kaputt gegangen. Dieser Hass, diese Ignoranz, es ging bei mir einfach nicht mehr. Dennoch konnte ich meine Dauerkarte einfach nicht abgeben. Ich wollte sie mit ins Grab nehmen, niemals meinen Platz in 22C abgeben. Also versuchte ich das erste Heimspiel gegen Paderborn. Doch beim ersten Gegentor fühlte ich nichts. Keine Freude, keine Zufriedenheit, einfach nichts.

Es waren dann drei Gegentore, ohne Gefühl, ohne emotionalen Beitrag von mir. Ich sang keine Lieder mit, weil es sich für mich falsch anfühlte. Es war nicht mehr der Hamburger Sport-Verein dort unten auf dem Rasen, sondern die HSV Fußball AG. Das fühlte sich einfach nicht richtig an.

Ich war dann noch mal im Stadion, habe auch ein Tor gesehen. Wieder ohne Emotion.

Da stellte sich mir die Frage, was ich noch in der Arena zu suchen habe? Fußball kann ich auch woanders gucken und ohne emotional dabei zu sein, was habe ich da verloren?

Also ging ich einfach nicht mehr hin. Es ist schon so weit, daß ich mich nicht mehr erinnere, welches das letzte Spiel war, daß ich im Stadion gesehen habe. Es war mir einfach egal. Selbst zu Hause habe ich oftmals nicht das Einzelspiel bei Sky geguckt, sondern die Konferenz.

Klar habe ich weiterhin über den HSV geredet, mich über so viele Dinge aufgeregt, daß manche mir sogar vorgeworfen haben, ich würde alles nur negativ sehen. Ja, das mag so sein, aber ich habe auch leider wenig Positives gesehen.

Nun ist es aber soweit. Das ganze bedeutet mir einfach nichts mehr. Die Ausgliederung hat mich vom Profifußball der AG entfernt. Das Verhalten der Verantwortlichen seit dem. Meine Bindung ist weg.

Ob das ganze für immer ist? Keine Ahnung. Ich habe mal gedacht ja, es ist für immer.

Ich habe noch das letzte Spiel in dieser Saison, in der ich mich von der Arena verabschieden will. So lange es noch Holsten gibt und es nicht das Volksparkstadion von Kühnes Gnaden ist, werde ich mein Abschied suchen. Oder vielleicht nicht.

So, das tat gut und gleichzeitig weh.

Nun noch ein paar Antworten:
Aber es ist doch egal, ob es eine AG oder ein Verein ist, die Raute ist die Raute
Ja, das stimmt inhaltlich komplett. Für viele ist das auch so. Für mich nicht. Es ist nicht mehr mein Verein, der in der Bundesliga spielt. Mein Verein hatte mehr für mich, als nur Profifußball. Mitbestimmung, Diskussionskultur und ich war Teil des ganzen. Jetzt bin ich nur ein Kunde. Das geht in vielen Dingen, beim Fußball geht das für mich einfach nicht.
Ich kann jeden verstehen, für den das nicht so ist. Beide Borussias in der Bundesliga sind Kapitalgesellschaften und trotzdem pilgern tausende wöchentlich ins Stadion und lieben ihren „Verein“.
Ja, auch das stimmt. Wenn man sich aber zum Beispiel die Borussia VfL 1900 Mönchengladbach GmbH anschaut, dann gibt es ein Unterschied. Die Form der Kapitalgesellschaft wurde bewußt als GmbH gewählt, damit die Einflüsse von außen fast ausgeschlossen werden können. Es ging tatsächlich darum, den gemeinnützigen Verein vom Profibetrieb steuerlich und rechtlich zu trennen. Diesen Weg wäre ich auch gerne mitgegangen. Nur konnte und wollte niemand darüber diskutieren, die beste Lösung suchen. Das Alte sollte weg und schnell umgebrochen werden (Die Auswirkungen sehen wir ja aktuell gerade…)

Die Liebe für den Verein geht doch nicht weg!
Ja, auch das stimmt. Meine Liebe zur Raute geht nicht weg. Ich gehe auch weiter zum HSV e.V. und gucke Fußball. In der Bezirksliga Nord halt. Dort schreie ich die Mannschaft nach vorne und bin emotional voll dabei.

Ab Sommer wird dann eine neue Liebe versucht: Der HFC Falke e.V.
Ob es jemals das gleiche wie der HSV für mich wird? Keine Ahnung, kann ich jetzt noch nicht sagen. Ich habe nur gesehen, was in Manchester beim FC United of Manchester auf die Beine gestellt wurde, mit wie viel Stolz die Mitglieder über ihren Club sprechen.
Die Anfänge sind für sehr vielversprechend, ein Verein in dem Mitbestimmung ganz oben steht ist genau mein Ding. Ich fühle mich dort wohl, bin Teil des Vereins. Ich freue mich auf dem Sommer, wenn ich Kreisklassenfußball im Stadion sehen kann.

Du läßt die Mannschaft im Stich
Joa, so wie die Spieler mich in den letzten Jahren? Im ernst, ich glaube es ist dem Großteil der Spieler scheiß egal, ob ich da oben stehe oder nicht. Das ist auch okay, aber so ein wenig Identifikation für das, wofür der HSV mal stand habe ich mir immer gewünscht. Und jetzt? Sind die Spieler noch mehr Angestellte. Das ist völlig in Ordnung. Mehr sollen sie im Geschäft Profifußball auch nicht.

Wer noch weitere Fragen hat, kann mir diese gerne in den Kommentaren stellen. Ich antworte gerne darauf.

Ebenfalls werde ich weiterhin meine Meinung über die AG äußern. 28 Jahre lassen sich nicht so einfach abschütteln.

In diesem Sinne: Scheiß AG! Nur der HSV e.V.!

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21 Responses to “This is the end…”

  1. supml sagt:

    Fußball ist Herz. Und wenn das Herz eine andere Richtung vorgibt, dann höre auf das Herz!

  2. herzi sagt:

    Du läßt die Mannschaft im Stich

    Das ist doch totaler Unsinn. Die Mannschaft in der ersten Halbzeit auszupfeifen, weil gegen Fürth das 1:0 nicht fällt, _das_ ist „die Mannschaft im Stich lassen“.

    Lass dir von solchen Stammtischparolen bloß nicht die Meinung verbieten!

    • nedfuller sagt:

      Auf keinen Fall, es ist eben eine Aussage, die ich so schon gehört habe (und vor allem am Anfang meines Endes auch selber so gedacht habe)

  3. Ich habe mich schon öfter gefragt, wie ich reagieren würde, wenn der effzeh den schlimmen Weg ginge und z.B. zu einem Investorenspielzeug werden würde. Ich weiß es trotzdem nicht (und muss es hoffentlich nie herausfinden), glaube aber, dass diese extreme emotionale Entkopplung, die Du beschreibst, bei mir so nicht stattfinden würde. Und fast glaube ich, es wäre besser, wenn sie doch stattfände. Mit dem ganzen Herzen an etwas zu hängen, was man eigentlich unerträglich findet, ist vielleicht noch grausamer als das es so, wie es Dir passiert ist, geschieht.
    Ich freu mich jedenfalls schon auf die Gastspiele des HFC Falke in der Alten Försterei in der sagenwirmal 2. Liga in zwanzig Jahren.

    • nedfuller sagt:

      Ich hatte ein sehr tolles Gespräch mit dem koenigsblog, in dem er sein Empfinden gegenüber Gazprom versucht hat zum Ausdruck zu bringen. Die Situation ist ja ähnlich: Muß ich alles akzeptieren, was mein Herzensverein macht?

      Eine sehr schwierige Lage.

      Und total egoistisch gesprochen: Ich bin zum Glück emotional nicht mehr so beteiligt, die letzte Saison hat mir wahrlich nicht gut getan, ich glaube ich würde das nicht noch mal durch stehen wollen.

      2. Liga in 20 Jahren? Hui, das wäre klasse. Aber erstmal Babyschritte: Mannschaft finden, schnell aus der Kreisklasse raus und dann mal schauen.

      Das schöne ist ja, daß wir als Mitglieder in der Hand haben, wie sich Falke entwickeln wird.

    • der 8. Tag sagt:

      an dem Tag an dem unser FC nicht mehr „unser“, sondern irgendeines Konstruktes FC sein wird (und seien es nur 10% Anteilsverkauf an der GmbH & Co. KGaA), an diesem Tag werde ich ich meine Dauerkarte abgeben und Mitgliedschaft kündigen … (Mitglied seit 1990 und Dauerkarte seit Ende der 90er).

      Mögen dann andere bitte einem „Fußballclub“ hinterherlaufen, der nur noch ein Mittel zum Zweck darstellt. Mögen wir uns vielmehr noch lange und vielleicht (m) ein Leben lang von werbetreibenden und konzerngleichen Unternehmenskonstrukten unterscheiden und das bleiben was wir seit 1948 schon immer waren:
      der 1. FUSSBALLCLUB Köln

      „Mein Beileid“, dass Du, lieber Ned, diesen Weg mit dem eigentlich mal großen HSV gehen musstest :-/

      Herzliche Grüße aus Köln

      PS: am 8. Tag schuf Gott den 1. FC Köln

      • nedfuller sagt:

        Es wird aber bald nicht mehr anders gehen.
        Damit man langfristig in der 1. Bundesliga spielen kann, muß man unabhängig vom sportlichen Erfolg Einnahmen haben. Ich glaube, daß dies nicht mehr lange ohne externes Geld möglich sein wird.

        Aber vielleicht sehe ich da auch zu schwarz.

        Und Anteile an der Kapitalgesellschaft verkaufen muß ja nicht immer negativ sein. Ich finde der FC Bayern München macht das sehr vernünftig. Wenn ich richtig rechne, sind knapp ein viertel der AG im Besitz von externen Geldgebern. Und die Bayern lassen sich wenig reinreden.

  4. SvenGZ sagt:

    Lasse Dir nie einreden, dass Du irgendjemanden im Stich lassen würdest.
    Du gehst Deinen Weg. Nicht mehr und nicht weniger. Du hast diskutiert, aber nicht missioniert und das rechne ich Dir hoch an, aber das weißt Du ja.
    Ich hoffe sehr, dass Du Dir dieses Abschlussspiel gibst und wir so bei Knappis noch ein Holsten zusammen trinken werden.
    Das nächste Bier trinken wir dann halt woanders.

    • nedfuller sagt:

      Vorab: Ich werde auf jeden Fall Richtung Arena unterwegs sein. Schon um noch mal bei Knappis ein Bier zu trinken und die vielen tollen Menschen treffen, die mir rund um den HSV in den letzten Jahren begegnet sind. Die Frage ist eben: Schaffe ich es ins Stadion. Leicht ist das nämlich alles nicht.

      Beim nächsten Bier beschnacken wir mal, wie du jetzt zu der Ausgliederung und der daraus resultierenden Entwicklung stehst. Freue mich drauf.

  5. Fiete Börnsen sagt:

    „Doch beim ersten Gegentor fühlte ich nichts. Keine Freude, keine Zufriedenheit, einfach nichts. “

    Wenn du bei einem Gegentor nicht Trauer, Wut oder Enttäuschung spürst, dann solltest du dir schon diesen Schritt überlegen. Wenn du diese Emotionen noch nichtmal in Erwägung ziehst, dann ist er überfällig.

    Wir haben uns nie kennengelernt, wir sind auch nicht unbedingt vereinspolitisch auf einer Linie, trotzdem hab ich deine Blogs meist recht gern gelesen.
    Ich wünsche dir, daß du eine neue Heimat findest, oder (was mir lieber wäre) wieder zur alten Heimat zurückfindest

  6. Braze77 sagt:

    Schön geschrieben und es trifft auch viele meiner Gefühle rund um die Ausgliederung. die emotionale Bindung ist auch bei mir seit Sommer deutlich geringer und ich gehe inzwischen auch eher wegen meiner Freunde in den Volkspark.
    Wie Du, so Suche auch ich momentan die Heimat im Fußball, die mir im Sommer entrissen wurde. Ich bin wirklich gespannt wo der Weg mich die nächsten Jahre hinführen wird und hoffe, Dich mal persönlich kennenzulernen.

    Oder kurz gesagt:
    Du bist nicht alleine!

  7. Braze77 sagt:

    Falke Mitglied bin ich bereits! Da werde ich im kommenden Jahr sicherlich häufiger da sein.

  8. clenze sagt:

    Schade, dass damit auch dieses Blog endet, das ich immer sehr gern gelesen habe. Hier wurde mit viel Emotion aber ohne Hass und Ignoranz diskutiert. Vielen Dank, dafür!
    Ich hoffe, dass du einen Weg findest, diese emotionale Lücke zu schließen.

    • nedfuller sagt:

      Ich glaube nicht, daß es hier mit Beiträgen zu Ende ist.
      So ein paar Dinge will ich dann schon noch schreiben. Halt aus der Distanz.

      Die emotionale Lücke zu schließen wird nicht einfach werden. 28 Jahre lassen sich eben nicht so einfach abschütteln.

  9. Tutli sagt:

    Boah. Das ist ehrlich. Nun hab ich gerade eben in der FAZ den Bericht über Tuchel und den HSV gelesen. Damit bin ich mal wieder in dieser Phase „super, jetzt aber endlich … “ Mal sehen. Ich geh eh schon lange nicht mehr ins Stadion. Ach ja. In der „ZEIT“ soll er ja auch Hoffnungen geschürt haben, hörte ich.

    • nedfuller sagt:

      Danke.

      „super, jetzt aber ehrlich…“ bezogen auf Tuchel?
      Ich verstehe den Hype nicht. So viel Kohle, so viel Abhängigkeit. Aber es scheint der Weg der Profis zu sein.

  10. […] aka @nedfuller hat sich daraufhin entschieden, dem Hamburger Modell für Profifussball ( aka Kühne Werkself) den Rücken zu kehren und den HFC […]