Tagebuch, 06.07.2017

Realität.

darüber macht man sich in der heutigen Zeit überhaupt keine Gedanken. Raketenstart in Guinea? Live zu sehen. U19 Basketball EM? Live bei Youtube! G20 Gipfel in Hamburg? Alles live.

Um 12:32 Uhr erhielt ich von der Mutter der Juniorette eine Nachricht dessen Inhalt eine Email der Schulleitung war: Die Straßen rund um die Schule der Juniorette werden so langsam gesperrt, den Eltern ist es freigestellt, wann die Kinder abgeholt werden.

Es gab schon am Mittwoch die Empfehlung der Schule, dass die Kinder selber entscheiden können, ob sie zur Schule gehen wollen. Die Junior ette wollte zur Schule, weil ihre beste Freundin auch gehen wollte. Alternativ hatte ich die Beste schon gefragt, ob sie neben ihrem Homeoffice nicht noch ein Auge für meine Tochter haben könnte. Hätte sie natürlich gehabt.

Als mich die WhatsApp erreicht, war ich gerade beim Mittagessen. Ich kündigte also an, dass ich ins Homeoffice wechseln werde. Um 13:15 Uhr fuhr ich aus Glashütte los. Bis nach Fuhlsbüttel habe ich wie sonst auch 12 Minuten gebraucht. Danach ging gar nichts mehr. Nördlich von Barmbek war alles abgeriegelt. Nach 20 Minuten im Stau stehen, Abkürzungen suchen bin ich umgekehrt und über Wellingsbüttel und Bramfeld nach Steilshoop zu kommen. Als auch dort alle Straßen dicht waren, habe ich mein Auto abgestellt und bin den einen Kilometer zu Fuß nach Hause gegangen. Schnell eine kurze Hause an und dann mit dem Rad los, um die Juniorette abzuholen.

Nach 2 Stunden war ich dann da. Die Reaktion war überwältigend: Papa, kann ich nicht noch hier bleiben?

Hat jemand Interesse an einer 9 jährigen Tochter? Oder eine Idee, wie man Dankbarkeit lehren kann?

Wir sind dann mit dem Rad und Roller nach Hause. Vorbei an Wasserwerfern & Räumpanzern aus Thüringen, Polizeiwagen, die die Strasse jederzeit dich machen können und den ständigen Huschraubern in der Luft nach Hause.

Ich bin ein friedliebender Mensch. Aber es fängt an zu brodeln. In mir. Ich will das nicht. Ich will nicht, dass überall Polizei aus allen Herren Bundesländern rum steht und Langeweile schiebt. Dass mein Stadtteil abgeriegelt wird und irgendwelche bayrischen Polizisten lusitg lächelnd mir die Durchfahrt nach Hause verbietet. Die Fuhlsbüttler Strasse ist jetzt bis Sonntag gesperrt.

Ich habe danach recht unwirsch auf verschiedene Tweets reagiert. Wenn aber die Realität anders ist als der lustig leichte Aufenthalt viele Kilometer vom Geschehen entfernt, dann mag ich mich nicht zurückhalten.

Ich habe keine Lösung für all das. Vor allem habe ich keine Ahnung von dem Scheiß. Ich werde da nur aggressiv. Wenn da Wasserwerfer, Hubschrauber und Räumpanzer in meinem Stadtteil sehe, fühle ich mich nicht sicher, sondern unbehaglich aggressiv.

Morgen also vor dem Aufstehen den Wecker stellen, damit ich aus Barmbek nach Norderstedt komme. Zum Glück haben wir in Hamburg keine nennenswerten Einschränkungen wegen des G20 Gipfels zu ertragen.

In diesem Sinne.

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3 Responses to “Tagebuch, 06.07.2017”

  1. Thorben sagt:

    Das Problem ist ja wie zB auch beim Fußball (wo du dich ja ein wenig auskennst), dass man neben den legitimen Protestlern auch jede Menge Chaoten anziehst, die nur auf Gewalt aus sind..
    Morgen noch, dann ist Wochenende und ab Montag geht es dann wieder die alten Wege.

    Kannst du eigentlich auch tracken, wenn Leute nur die Mail lesen?
    Ich lese nämlich meistens abends im Bett noch per Mail deinen Tageseintrag, um dann mein Hörbuch anzumachen und zu pennen ;-)

    • nedfuller sagt:

      Ja, ohne Chaoten auf beiden Seiten wäre das leichter.

      Ich bekomme nicht mit, wenn jemand die Beiträge per Email bekommt, besser gesagt habe ich noch keine Stelle gefunden, wo ich das sehen kann.

      • Thorben sagt:

        Dann sei dir auf diesem Wege gesagt, dass zumindest einer deine Posts regelmäßig liest :-)

        Wenn man jetzt die Ticker verfolgt, dann eskaliert es ja immer mehr da oben bei euch.