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Tagebuch, 23.12.2016

Freitag, Dezember 23rd, 2016

Im wundervollen Adventskalender von spielverlagerung.de gab es heute das Spiel HSV gegen Juventus Turin aus dem Jahre 2000 zu lesen.

Meine Geschichte zu dem Spiel wollte ich immer mal aufschreiben, also mache ich es heute.

Es begab sich aber im Jahre 2000 dass die Ausbildung des jungen nedfullers eine Reise ins ferne London verlangte. Also fuhr er ins fremde Königreich um gebildet zu werden und die Kultur kennen zu lernen. Es war damals meine erste Reise nach England und ich wußte so gar nichts über London. Eine meiner ersten schlimmen Erfahrungen war die damals noch gültige Sperrstunde um 21 Uhr, die mich völlig fassungslos an dem Abend zurück ließ. Es gab nicht mal Alkohol in der Hotelbar!

Für den 13.09.2000 wurde aber ein Plan geschmiedet: Einer meiner Kommilitonen hat am 14.09. Geburtstag und es musste eine Feier organisiert werden.
1. Frage: Die Lokation.
Wo kann man denn privat in London feiern, wenn die Pubs alle um 21 Uhr zu machen? Hm… Der Bus! Wir waren damals aus Bochum mit dem Bus nach London gefahren und der parkte die ganze Zeit vorm Hotel. Da gibt es Sitze, man kann Musik an machen (der hatte sogar einen CD Spieler!!!) und der Busfahrer war ein dufter Typ. Also war das abgemacht.
2. Frage: Der Alkohol.
Da wir eben in einem Bus feiern wollten musste der Alkohol selber besorgt werden. London ist jetzt nicht bekannt für günstige Preise, also was machen? In den Docklands gab es aber tatsächlich
ein Outlet für Whiskey und ähnliche Getränke. Wir also hin da und jeder kaufte sich eine Flasche Getränkt. Bei mir war es irgendein schottischer, ich weiß die Marke nicht mehr.

Das war also alles organisiert, beginnen wollten wir ab 20 Uhr.
Um 19:45 Uhr wurde aber das Spiel HSV gegen Juventus Turin angepfiffen. Und welch ein Glück, der einzige deutsche Sender im TV des IBIS Hotels in den Docklands war RTL. Und RTL hat damals die Champions League übertragen. Passte also.
In meinem Semester waren ein paar Schalke Fans, aber niemand interessierte sich sonst für Fußball. Schon gar nicht für den HSV.

Also begab es sich, dass ich mich mit der Flasche schottischem Whiskey um 19:45 Uhr alleine vor den TV setzte und begann das Spiel zu sehen.

Und was war das für ein Spiel. Tore über Tore, die AOL, HSH Nordbank, Imtech Arena kochte. Und ich alleine vorm Fernseher mit der Flasche.
Juve führt irgendwann 3:1, es war abzusehen, dass ich die Flasche zum trösten brauchte. In der Halbzeit bekam ich ein Anruf auf mein Nokia Handy, ein Freund meldete sich aus dem Stadion und überbrachte mir die Stimmung…

Dann schiesst Mehdi dass 2:3! Wahnsinn! Noch ein Schluck! Butt mit dem 3:3! Elfmeter! Wahnsinn, noch ein Schluck. Und dann schiesst Niko Kovac das 4:3. Auf dem Zimmer völlige Eskalation. Ich bin auf dem Bett gehüpft, habe die Hände in die Höhe gerissen und geschrien!

Das Problem war nur, dass die Decke des Zimmers des IBIS Hotels in den Docklands mit einem rauhem Putz dekoriert wurde. Also riss ich mir an beiden Händen die Knöchel blutig auf und 6 Minuten später später glich Inzaghi (!!!) aus. Ich war völlig fertig, die Flasche nur noch ein viertel gefüllt, die Hände und die Decke blutig gejubelt… und es stand 4:4.
Irgendwo habe ich mal gelesen, dass es bezeichnend ist, dass ein Unentschieden in der Champions League Gruppenphase ein Highlight des HSV in der Neuzeit war. Typisch eben.

Um 22 Uhr bin ich dann in den Bus getorkelt. Ich war glücklich/traurig/verletzt/betrunken/aufgedreht, alles zugleich. Niemand im Bus hat mich verstanden. Wir habe noch lange gefeiert, ich weiß noch, dass ich einer guten Freundin den Weg auf die Toilette gezeigt habe, weil sie nicht mehr ganz so sattelfest war. Am nächsten Tag sind wir bei einem Immobilienmakler gewesen und haben uns den Wohnungsmarkt in London erklären lassen. Niemand hat mich nach meinen blutigen Knöcheln gefragt. Es war aber auch bekannt, das ich Fußballfan war/bin, da wundert man sich über nichts.

Heute bin ich Mitglied bei Falke, aber dieses Spiel des HSV werde ich niemals vergessen.

In diesen Sinne.